„ Ich glaube an die Unsterblichkeit des Theaters. Es ist der seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich damit auf und davon gemacht haben, um bis an ihr Lebensende weiterzuspielen“ – Max Reinhardt
Häufig werden wir gefragt, wie die Regie denn arbeitet…wie wir das denn nur immer machen…
Es beginnt immer mit einem Berg von Theaterstücken. Interessante, bekannte, unbekannte, lustige, bedrückende, mit kleinem Ensemble, mit größerem Ensemble, Erwachsenenrollen, Kinderrollen – mehr als 50 Stücke werden gelesen, die Themen abgewägt, dem Fachkreis vorgestellt und dann entschieden. Eine lange Phase von Unsicherheiten, „Können wir das wagen?“, „Meinst du, wir kriegen das hin?“ „Ob der Fachkreis das auch gut findet?“ begleiten uns jährlich durch diese erste Phase, die nach unserem Empfinden meist ewig zu dauern scheint…
Witzigerweise – nach ein paar Jahren in der Zusammenarbeit, in der wir den anderen so gut kennengelernt haben, blind vertrauen können und einen starken Freund im Gegenüber gefunden haben – mussten wir feststellen, dass diese gesamte Phase zwar notwendig ist, aber wir uns beim Stücke lesen innerhalb von Sekunden schon entschieden haben. Und zwar unabhängig voneinander. Für das gleiche Stück.
Auch bei der Rollenverteilung waren wir uns noch nie uneins. Da werden die Rollen hin und her geschoben, verschiedene Kombinationen ausprobiert, wer harmoniert im Spiel mit wem, welche Art passt am Besten in eine Rolle, denn das wichtigste für uns ist immer, dass die Darsteller*innen ihr Wesen, ihren Charakter der Rolle leihen und niemals umgekehrt. Niemand soll sich so verbiegen, dass er nicht mehr er selbst ist. Man selbst bleiben, sich selbst lieben, sich selbst in eine Rolle einbringen erfordert viel mehr Vertrauen und Mut als sich in eine andere Rolle zu flüchten, mit dem Gedanken endlich mal jemand anders zu sein. Wir erinnern uns gerne an eine Probe, in der wir nicht wussten, wie wir ein paar Darsteller*innen kombinieren sollten. Jedes Mal war irgendeine Disharmonie im Spiel zu spüren. Also haben wir ausprobiert und ausprobiert, immer wieder die gleiche Szenen gespielt, immer in verschiedenen Konstellationen. Die Darsteller*innen sagten uns später mal, dass sie sich fragten, worauf wir denn nun eigentlich gewartet haben. Wenn wir ehrlich sind, wussten wir es bis zu dem Moment nicht, wo es zoom gemacht hat. Eine kleine Sekunde, zwei Hände die sich in eben diesem Moment einen kleinen Händedruck gaben. Dort haben wir uns entschieden, wer welche Rolle spielen konnte.
Wie kann man es nennen dieses Gespür, manchmal ist es uns selbst unheimlich, dass der andere den Gedanken des anderen weiterführen kann, es macht uns sprachlos, wenn es manchmal nur einen Blick zwischen uns braucht, um zu wissen, dass etwas geändert werden muss. Es erleichtert die Arbeit immens, wenn am Ende einer Probe gesagt wird „das Spiel muss irgendwie gelber sein“ und der andere genau weiß, was damit gemeint ist.
Unser geliebter Fachkreis bestärkt uns in unserer Arbeit. Wir kennen keine unterschiedlicheren Menschen, die zusammengewürfelt eine Arbeitsatmosphäre prägen können wie jener Fachkreis. Es stehen alle geschlossen hinter der Regiearbeit und ermutigen uns stets uns selbst zu vertrauen.
Nun, dies alles macht unsere Regiearbeit aus. Ein Gespür auf der Bühne, das Erkennen von Potenzial, jedes Stück auf unsere Art leben zu lassen, den Darsteller*innen den Raum geben sich selbst zu finden, Ermutigungen auszusprechen und natürlich steht über allem der unbändige Spaß, den eine Probe nun mal so mit sich bringt.Wir sind sehr dankbar dafür, denn ohne ein spielwütiges Ensemble und ohne die kreativen engagierten Menschen im Fachkreis, wäre das Theater belanglos, leer und sehr traurig.